Aus der Seifener Geschichte
Seifen – gelegen im Holzbachtal – blickt, mit seinen fast 140 Einwohnern, auf eine über 1000-jährige Geschichte zurück.
Im Jahre 1935 wurden beim Bau eines Hauses ein Krug und Scherben aus der Siegburger Zeit gefunden, die Hinweis auf eine Besiedlung im 10. Jahrhundert geben.
Zwei andere Höfe Mangerodt und Hobbach, heute noch im Flurnamen Manchert und Hobbach erhalten, liegen ebenfalls auf Seifener Gemarkung.
In seiner wechselvollen Geschichte hatte Seifen viele Herren, wie die Gaugrafen von Engers zur Zeit der Karolinger, die Grafschaft Sayen-Wittgenstein, Sayen-Hachenburg und Kurfürst von Köln, bis 1808 die Leibeigenschaft aufgehoben wurde.
Seifen als Name bezeichnet ein wasserführendes Tal und deutet auf eine Siedlung aus der o.g. Zeit. Die Gemeinde war früher nur von einer Seite über die sog. „Schwarze Straße“ zugänglich und bot durch seine Abgelegenheit Mensch und Vieh aus anderen Dörfern im 30-jährigen Krieg Schutz. Die Namen Burgberg, Burggraben, Burgkeller, Burgau, die an einem vom Holzbach umflossenen Felssporn vorkommen, lassen eine Fliehburg vermuten, an deren Fuß noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Hammerschmiede betrieben wurde, wozu man das Wasser durch einen Stollen im Burgberg leitete.
Im Jahr 1884 wurde das Gebiet durch die Bahn erschlossen, sodass Seifen später als Verladestelle für die Kruppschen Erz-Eisenbahn zu einem recht bedeutenden Bahnhof wurde. Leider wurde die Strecke kurz vor ihrem 100-jährigen Geburtstag für den Personenverkehr stillgelegt und dieser auf Busverkehr umgestellt. Heute verkehrt täglich ein Güterzug von der Siegstrecke kommend nach Selters und beliefert die Fa. Schütz mit Rohmaterial.
Die Flurbezeichnung Silberkaul deutet ebenfalls auf den frühen Bergbau hin, der mit der Grube Fortuna 1886 jedoch an dieser Stelle sein Ende fand.
Die Abgelegenheit und das bergige Gelände auf engstem Raum, was Seifen seinen besonderen Reiz verleiht, bewahrte das Dorf vor starkem Wachstum und erhielt seinen dörflichen Charakter, in dem auch Fachwerkhäuser nicht fehlen.
Auch die alte Schule war ein Fachwerkhaus, ein altes Bauernhaus aus Niederölfen welches 1846 in Seifen errichtet wurde. 1892 wurde die neue – aus heimischen Bruchstein erbaute – Schule bezogen, die heute aufwendig renoviert im privaten Besitz ist.
Etwa um die gleiche Zeit gelang es der Gemeinde die Genehmigung für den wunderschön gelegenen Waldfriedhof zu erlangen. Im Jahre 1972 wurde die Anlage durch eine Friedhofshalle vervollständigt.
Heute besteht der Ort Seifen aus 36 Häusern, wovon einige von alten einheimischen Familien seit Generationen bewohnt sind. Zur Gemeinde Seifen gehören noch die Ortsteile Niederähren (9 Häuser) und der Bahnhof Seifen mit 3 Häusern.
Im Ort selbst gibt es heute nur noch einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb, während früher 15 mehr oder weniger kleine Landwirtschaftsbetriebe vorhanden waren.
Der heutige Charakter des Dorfes wurde durch einen Neubau der Landesstraße mit den entsprechenden Nebenanlagen mitbestimmt. Durch einen Basaltbrunnen, ansprechende Sitzgruppen und Bepflanzungen mit heimischen Gehölzen hat die Gemeinde im Rahmen der geringen finanziellen Möglichkeiten versucht den dörflichen Charakter zu betonen.
Aber das Wichtigste für Seifen und seine Bürger ist, dass unser Zusammenleben von Toleranz und einem starken Gemeinschaftsgefühl bestimmt wird. So ist es uns möglich, unser Dorf aus unserer eigenen Kraft schöner zu machen und zu erhalten, ob es ein selbstgebautes Dorfgemeinschaftshaus ist, die Erneuerung einer Fußgängerbrücke über den Holzbach oder die Ausweisung eines Themenwanderweges mit zahlreichen Ruhemöglichkeiten.
Und letztlich gilt für unsere Dorfgemeinschaft:
Wer feste arbeitet, darf auch Feste feiern …
… und wir arbeiten viel !!
Seifener Histörchen
Unsere „Histörchen“ sind Erzählungen unserer älteren, teilweise leider bereits verstorbenen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Geschichten aus vergangenen Zeiten haben wir vor einigen Jahren gesammelt, uns so allerhand Anekdoten erzählen lassen und auf Papier gebracht. So bleiben diese für die Nachwelt erhalten, Geschichten aus einer anderen Zeit.
Strom, immer und überall! Es war auch einmal anders.
So berichtete uns Heinrich Meister über die Zeit von „Ochs und Göbel“.
Lang vor RWE und Süwag drehte auf den Höfen ein Ochse, angebunden an ein Gestell einsam seine Runden. Dieses trieb einen Dynamo zur Stromerzeugung an.
Als er dann kommen sollte; der Strom für alle, stellten die „Dorfsleut“ eigens die Hochspannungsmasten.
Doch selbst danach war noch nicht alles so wie wir es heute kennen. Denn stellten im Unterdorf zwei „Bauersleut“ ihre Starkstrommotoren an, stand man im Oberdorf im Dunklen.
Frostige Wintertage in Seifen
In seiner Zeit betrieb Otto Wagner die Seifener Dorfschmiede. In dieser wurde er seinem Namen gerecht, sein Broterwerb bestand aus dem Bau von Wagenrädern. An kalten Tagen wurde es eng ums Schmiedefeuer, denn wie allen bekannt, war Ottos Werkstatt der wärmste Ort im Dörfchen.
Und Lustiges gab es auch!
Denn August Schmidt, seines Zeichens Lumpenhändler von Beruf, hatte die Angewohnheit von seinen Handelsreisen immer ein Stück frische Fleischwurst mit ins „Dörfchen“ zu bringen. Dieses lag dann schön in Papier gehüllt unter dem Sitz des Kutschbockes. Das bekamen auch die „Seifer Spitzbuben“ mit.
Und da so ein Stück Fleischwurst in diesen Tagen schon etwas ganz besonderes war, kam irgendwann der Gedanke, dieses gegen ein Stück Holz zu tauschen. Wieder schön verpackt sollte so etwas eine Zeit lang nicht auffallen. Wie überliefert, blieb es nicht nur bei einem Gedanken.
Manfred Weingarten berichtete uns über einen Streich mit Werners Mistwagen. So hatte Werner Fiersbach die Angewohnheit beim „Mistfahren“ abends noch einen Wagen für den nächsten Tag vor zu laden. Damit hatte er sich sein „Feierabendbier“ beim „Kolbs Inge“ aber auch zu recht verdient.
Die Pänz nahmen dies zum Anlass Werner einen Streich zu spielen, und entfernten kurzerhand einen Splint vom Wagenrad. Am nächsten Morgen, noch voller Tatendrang war die Reise schnell beendet. Denn kaum losgefahren, (rumps) lag der Mist im Hof, und die Achse auf der Erde. Wagenheber? Nee, gab es noch nicht! Als o her mit den Männern vom Dorf. „Heubaum“ in die Hand, und auf damit.
Doch damit ist die Geschichte noch nicht beendet. Denn die Verursacher waren schnell ausgemacht. So gab es für die Pänz nicht nur vom Werner „ein paar um die Ohren“- nein Vater und anschließend der Lehrer holten auch zum Schlag aus. Aus Sicht der Pänz war dies wohl schmerzhaft, aber nicht der schlimmste Teil der Strafe. Eine Woche Dorfverbot ist schlimmer gewesen.
Ein Dorf in Aufruhr!
Erzählt von Marianne Meister.
Eine Geschichte aus der Nachkriegszeit, die unser Dörfchen in Aufruhr versetzte. Es war um den 25. März 1945, der Krieg war für Seifen schon beendet. Das Wetter war sommerlich warm und die Bauern des Dorfes bestellten bereits die Felder, als eine
amerikanische Besatzungstruppe den Dorfbewohnern befahl ihre Häuser und somit das Dorf sofort zu verlassen. Überwältigt und in Panik spannten wir unsere Ochsen und die noch verbliebenen Kühe vor unsere Gummibereiften Wagen. Unser Opa, der seit 1943 halbseitig gelähmt war setzten wir auf den Wagen und verließen das Dorf in Richtung Döttesfeld. Dort machten wir vorerst halt und kamen bei Freunden und Angehörigen unter. Ochse und Kühe konnten wir in noch vorhandene Stallungen unterbringen. In der Eile hatten wir haltbare Verpflegung in Betttücher gewickelt, die uns gemeinsam über die Tage brachten. Die Tage vergingen ruhig. Da beschloss unser Onkel Otto sich unserem Dorf zu nähern. Er kam wohlbehalten zurück, berichtete aber dass sich keine weibliche Person nähern durfte. Nach etwa zehn Tagen war der ganze Spuk zu Ende. Denn es war bis nach Altenkirchen zur Kommandantur durchgedrungen dass die Truppe eigenmächtig gehandelt hatte. Darauf hin musste die Truppe sofort den Ort verlassen, nahmen jedoch alles was nicht „Niet- und Nagelfest“ war mit.
Die Besatzer beschädigten jedoch nichts, zurückgelassene Schweine wurden sogar versorgt.
Das war wohl für die Seifener Bürger die aufregendste Zeit.
Schöne Tage gab es auch!
Waren die Regale auch leer, wurde dennoch nicht auf „Süßes „verzichtet!
Die Spitzen abgeernteter Zuckerrüben kochte man zu Sirup, um sie anschließend zu Bonbons zu „brutzeln“.
Ganz langsam wieder Normalität im Dorf
In den letzten Kriegsjahren und der Zeit danach war an Schulalltag noch nicht zu denken. Der Unterricht fand nur sporadisch statt, Lehrer aus Oberlahr und umliegenden Dörfern halfen den Schulbetrieb aufrecht zu halten.
Der Waldbrand
1947, so berichtet die Schulchronik, gab es einen sehr heißen Sommer. Die Dampflok fuhr täglich die Strecke Altenkirchen– Siershahn. Gleich hinter dem Bahntunnel fing durch Funkenflug die Böschung Feuer. Durch trockenes Unterholz begünstigt kam es schnell zu einem großen Waldbrand. Die umliegenden Feuerwehren waren seinerzeit noch nicht in der Lage auf solch große Brände mit passendem Gerät zu reagieren. Die Dorfbewohner halfen mit allen Mitteln den Brand zu bekämpfen. Durch den Einsatz der besser ausgestatteten Neuwieder Feuerwehr und günstigen Wetterbedingungen konnte der Brand letztendlich bekämpft und der Schulberg gerettet werden.
Mobilität hält Einzug in Seifen!
Selbst ein Fahrrad ist keine Selbstverständlichkeit in den Nachkriegsjahren. So berichtete uns Manfred Weingarten, dass er sein erstes im Alter von zwölf Jahren bekam. Der Verkehr auf den Straßen, wenn man sie als solches bezeichnen konnte, hielt sich in diesen Jahren noch sehr in Grenzen.
Auch die gefahrene Geschwindigkeit war mit der heutigen nicht vergleichbar, so dienten Lastkraftwagen den Seifener Kinder auf dem Weg zum Konfirmandenunterricht nach Schöneberg als Transportmittel.
Denn einmal auf dem Rad sitzend an der Pritsche festgehalten, wurde diese erst an der Abbiegung nach Schöneberg wieder losgelassen.
So ging es zu auf der Landesstraße. Um Dorfstraßen und Wirtschaftswege vernünftig zu befahren, musste seinerzeit auch mal das ganze Dorf ran.
So wurde z.B. der Waldweg 1951 mühsam mit Material aus dem eigenen Steinbruch befestigt. Im Anschluss rollten die Seifener
„11er DEUTZ“ mit Gleisschotter von der stillgelegten
„Linzer- Bahn“ heran, um den Wegebau zu vollenden.
Mobile Eintöpfe besaßen zu dieser Zeit: Heinrich Meister, Jakob Heck, Helmut Walterschen und Weingartens. Letztere leisteten sich den ersten „11er“ im Dorf.
Das erste Auto in Seifen stand in Walterschens Hof.
Telefon … gab es auch – nur anders!
Die Poststelle befand sich in den Nachkriegsjahren bei Erna Seyfert. Von 1961 bis 1982 bei Werner Fiersbach. Erst danach wurde die Post zentral von Flammersfeld verwaltet.
Der erste Fernsprecher wurde ebenfalls bei Werner Fiersbach installiert. Lief die kleine Tochter Gisela schnellen Schrittes durchs Dorf, wusste man, es handelt sich um ein Telefonat für die Nachbarschaft. In Erinnerung an diese Zeit, bleibt das schwarze Telefon mit der großen Wählscheibe.
„Im Handyzeitalter schier unvorstellbar“
… gesungen wurde auch in Seifen!
„Mitte April kamen einige Frauen zu Gesangsabenden in der Schule zusammen. Ich übernahm das Amt des Chorleiters. Als sich bald darauf auch einige Männer dazugesellten, konnten wir im Mai 1951 den „Gemischten Chor Seifen“ gründen“.
Fortan wurde dieser zu gelegentlichen Anlässen, wie Jubiläen oder sonstigen dörflichen Veranstaltungen aktiv.
Originalaufzeichnung des Lehrer Rolf Seyffert aus dem Jahre 1951.
Nachzulesen in der Schulchronik der Dorfschule Seifen.
Kulturhighlight … Schützenfest Döttesfeld
Über viele Jahre war das Schützenfest in Döttesfeld der kulturelle Höhepunkt des Jahres. Nicht wie in heutiger Zeit, wo an jedem Wochenende eine andere Feier lockt, hatte dieses Fest in jenen Jahren einen hohen Stellenwert. Aus diesem Grund fühlten sich viele Seifener dem Schützenverein Döttesfeld eng verbunden. Aus diesem Anlass durfte auch bei schönem Wetter einmal die Feldarbeit liegen bleiben.
So begann auch der Festzug montags nicht in Döttesfeld, sondern in der Dorfmitte von Seifen wo bereits gelacht und getanzt wurde. Musikalische Unterstützung bot vielfach eine Blaskapelle aus Betzdorf. Deren Mitglieder verbrachten die kompletten Festtage an Wied und Holzbach , sie übernachteten bei Seifener und Döttesfelder Familien.
Seifen und die Eisenbahn
Der Bahnhof Seifen wurde im Mai 1884 mit Inbetriebnahme der Bahnstrecke Engers – Altenkirchen eröffnet. Er liegt bei Kilometer 49,4 an der eingleisigen, nicht elektrifizierten Bahnstrecke Engers/Rhein (0,0km) – Au/Sieg (74,0km).
Es handelt sich um ein dreigeschossiges, stattliches Empfangsgebäude nebst Güterschuppen aus Backstein, einem separaten Toilettenhaus, sowie zwei weiteren Gebäuden. In einem befand sich seinerzeit ein Metallhandel, in dem anderen war die Bahnhofsgaststätte und ein kleiner Laden untergebracht. Im Gegensatz zu heute befanden sich auf dem Bahnhofsgelände mehrere Durchfahrts- und Abstellgleise.
Darüber hinaus endete hier eine 6 Kilometer lange Schmalspurbahn (1.000mm) auf einer langen Verladerampe aus Baumstämmen. Diese auch als -Kruppsche Bahn- bezeichnete Strecke führte durch Lahrbach-, Wied- und Holzbachtal und diente in erster Linie dem Abtransport des Eisenerzes aus den Gruben Luise und Georg. Am Bahnhof Seifen fand dann die Erzverladung auf Staatsbahnwaggons mit 1435mm Spurbreite (Normalspur) statt.
Das gesamte Bahnhofsgelände war damals natürlich so gut wie nicht bewachsen. In einer Zeit, in der Autos noch keine große Rolle spielten, hatten die hier lebenden Menschen mit dem Bau von Bahnhof und Eisenbahnstrecke ganz neue Möglichkeiten, auch weiter entfernte Orte und Arbeitsstätten zu erreichen, sowie ihre Produkte zu vermarkten. Die Einweihung der Strecke Linz – Flammersfeld (Seelbach) im Jahr 1912 sorgte für noch mehr Mobilität.